HOWTARK Autark leben in der Stadt

Autark leben in der Stadt – Möglichkeiten und Grenzen

Kann man in der Großstadt autark leben? Die gute Nachricht: Auch ohne Bauernhof und Landhaus kannst du als Stadtpflanze viele Aspekte deines Lebens selbst in die Hand nehmen. Zwar ist es kaum möglich, sich in einer Stadtwohnung zu 100 % unabhängig von Versorgern zu machen – allein schon wegen gesetzlicher Vorgaben wie dem Anschlusszwang ans Trinkwassernetz.

 
Aber Teilautarkie ist durchaus realisierbar: Du kannst eigenes Obst und Gemüse anbauen, Strom erzeugen, Wasser sparen und sogar Tiere halten, solange es im kleinen Rahmen bleibt. In diesem Blogartikel verrate ich dir praktische Tipps, die auch Anfänger in Sachen Selbstversorgung leicht umsetzen können – von urbanem Gärtnern bis hin zu Balkonkraftwerk und Hühnerhaltung.

  

HOWTARK Autark leben in der Stadt Balkongarten

Selbstversorgung fängt bei den Lebensmitteln an. Auch ohne eigenen Garten kannst du in der Stadt erstaunlich viel anbauen und ernten. Ein praktischer Einstieg ist ein Selbstversorger-Balkon: Schon ein einziges Balkon- oder Fensterbrett kann zur Mini-Farm werden. Setze auf pflanzliche Allrounder, die wenig Platz brauchen und auch in Töpfen oder Kästen gut gedeihen.


Ideal sind z.B. Cocktailtomaten, Radieschen, Pflücksalate und Erdbeeren – diese kannst du in Blumenkästen oder Ampeln ziehen. Auch Kräuter dürfen nicht fehlen: Ein kleiner Kräutergarten in der Küche versorgt dich ganzjährig mit frischem Basilikum, Petersilie, Thymian & Co. (und sieht nebenbei toll aus). Wenn du magst, probiere sogar exotischere Kübelpflanzen wie einen kleinen Zitronenbaum auf der Fensterbank – Hauptsache, du hast ein sonniges Plätzchen dafür.


Besonders einfach und anfängerfreundlich ist das Ziehen von Sprossen und Microgreens. Hast du schon einmal Kresse auf der Fensterbank gezogen? Alles, was du dafür brauchst, sind ein flacher Teller mit etwas Watte oder Küchenpapier, Kressesamen und Wasser. Innerhalb weniger Tage sprießt ein kleiner grüner „Teppich“, den du z.B. aufs Butterbrot streuen kannst.


Ähnlich unkompliziert sind Mungbohnen-, Alfalfa- oder Radieschensprossen: In speziellen Keimgläsern oder sogar einfach in einem durchlöcherten Marmeladenglas lassen sich diese Nährstoffbomben zu jeder Jahreszeit züchten. Sprossen bringen frisches Grün in die Winterküche, wenn draußen nichts wächst und liefern Vitamine en masse.

Urban Gardening: Gemeinschaftsgärten und mehr

Und wer nicht das Glück hat, über einen Balkon zu verfügen? Der findet in seiner Nähe vielleicht einen Urban-Gardening-Spot. Viele Städte haben inzwischen Gemeinschaftsgärten oder Interkulturelle Gärten, wo Anwohner gemeinsam Gemüse anbauen. Erkundige dich mal nach Initiativen in deinem Viertel!  

HOWTARK Urban Gardening Gemeinschaftsgarten_

Alternativ kannst du auch einen Schrebergarten pachten, wenn du richtig Platz zum
Gärtnern möchtest. Diese sind oft erstaunlich günstig zu mieten. Du bekommst damit ein Stückchen Grün inmitten der Stadt und kannst dort Obstbäume pflanzen, Kartoffeln setzen oder auch mal grillen.

Beachte aber: Im Kleingartenanlagen gelten bestimmte Regeln – zum Beispiel darfst 
du dort nicht dauerhaft wohnen (die Laube ist nur für Tagesbesuche oder mal eine Übernachtung gedacht). Außerdem schreibt das Bundeskleingartengesetz vor, dass ein gewisser Teil der Fläche dem Obst- und Gemüseanbau gewidmet sein muss. Das passt

ja aber sowieso perfekt zu deinem Selbstversorger-Ziel, oder?


Falls weder Balkon noch Kleingarten verfügbar sind, kannst du dennoch ernten, was die Stadt hergibt. Ein Stichwort hier ist Mundraub: So heißt eine Organisation und Online-Plattform, die öffentlich zugängliche Obstbäume und -sträucher auf einer Karte verzeichnet. In vielen Parks und an Straßenrändern stehen z.B. Apfel- oder Nussbäume,
Beerensträucher oder Kräuter, die niemand erntet – außer denjenigen, die davon wissen. Schau doch mal auf mundraub.org, ob auch in deiner Umgebung solche essbaren Landschaften existieren.

Natürlich gilt: Nimm nur, was in haushaltsüblichen Mengen gebraucht wird und behandle die Pflanzen pfleglich. Dann haben alle was davon. Ebenso kann es sich lohnen, im
Spätsommer mal aufmerksam durch die Stadt zu gehen – oft entdeckt man Brombeerhecken, Holundersträucher oder herrenlose Kirschbäume, wo du nach Herzenslust pflücken darfst. Mit solchen wilden Ernten ergänzt du deine Balkonernte um zusätzliche Vitamine, ganz kostenlos.

Übrigens musst du nicht alles allein machen. Solidarische Landwirtschaft (Solawi) und Gemüsekooperativen sind weitere tolle Möglichkeiten: Du zahlst einen monatlichen Beitrag an einen Hof in der Umgebung und erhältst im Gegenzug wöchentlich einen Ernteanteil an Gemüse, Eiern oder Milchprodukten. So unterstützt du lokale Bauern und bekommst regionale, saisonale Kost – ein Schritt Richtung Autarkie, auch wenn du es nicht selbst anbaust. Und wer weiß, vielleicht lernst du dort sogar etwas über
Ackerbau, indem du mal auf dem Feld mithilfst.

HOWTARK Vorratshaltung

Ernte haltbar machen und lagern

Sobald du deine ersten üppigen Ernten einfährst – sei es vom
Balkon, aus dem Schrebergarten oder von mundraub-Touren – stehst du
vor der Frage: Wohin mit dem Überfluss?
Selbstversorgung bedeutet nämlich auch, für weniger produktive
Zeiten vorzusorgen. Vorratshaltung hat

bei Selbstversorgern einen hohen Stellenwert. 

Zum Glück gibt es altbewährte Methoden, um Lebensmittel zu konservieren: Einkochen,

Einlegen, Fermentieren oder Trocknen sind einfach umzusetzen und lohnen sich sehr. Überschüssige Tomaten im Sommer kannst du zu passierten Tomaten oder Soße einkochen – in Schraubgläsern hält sich das ohne Kühlung viele Monate. Kräuter lassen sich bündeln und an einem schattigen Platz trocknen; Obst kannst du dörren (im
Backofen oder Dörrautomat) und als Chips aufbewahren. 

Fermentation ist ebenfalls spannend: Aus Weißkohl wird Sauerkraut, aus Gurken werden Salzgurken, und sogar Kimchi oder Kombucha kannst du selbst herstellen. Diese traditionellen Techniken ermöglichen es dir, auch im Winter noch von der sommerlichen Fülle zu zehren.


Neben dem Konservieren ist auch Lagern ein Thema. In der Wohnung hast du vielleicht keinen kühlen Keller, aber ein paar Tricks gibt es: Kartoffeln und Möhren mögen es dunkel und eher kühl – ein Karton im kältesten Zimmer (oder im Kellerabteil, falls vorhanden) tut es oft. Äpfel kannst du auf dem Balkon lagern, solange es nicht friert (am besten in Kisten und vor direkter Sonne/Regennässe geschützt). Durch solche Maßnahmen reduzierst du deine Gänge zum Supermarkt erheblich – ein tolles Gefühl von Unabhängigkeit, wenn im Regal die eigenen Vorräte stehen.

Nutztierhaltung in der Stadt

HOWTARK Tierhaltung in der Stadt

Vielleicht denkst du beim Stichwort Selbstversorger auch gleich an Hühner, die frische Eier legen, oder an summende Bienenstöcke. Tatsächlich ist Tierhaltung auch in der Stadt möglich – allerdings mit Einschränkungen.

Beginnen wir mit den Hühnern: Überraschung, sogar in reinen Wohngebieten und Mietshäusern ist das privat erlaubt, denn Hühner gelten rechtlich als Kleintiere, ähnlich wie Kaninchen oder Meerschweinchen. Du brauchst also grundsätzlich keine spezielle Genehmigung, solange es hobbymäßig bleibt und nicht zur Belästigung der Nachbarn führt. Theoretisch könntest du auf einer Dachterrasse oder einem großen Balkon ein, zwei Hühner halten – sofern du ihnen dort artgerecht Auslauf und einen Stall bietest.

Die Praxis sieht aber so aus: Am besten hast du einen kleinen Gartenhof oder Gemeinschaftsgarten, wo du einen mobilen Hühnerstall aufstellen kannst. Wichtig ist, dass du deine Nachbarn vorher informierst und um Verständnis wirbst – vielleicht versprichst du ihnen ja ab und zu ein Frühstücksei als Friedensangebot. Auf einen krähenden Hahn solltest du in der Stadt lieber verzichten, der führt fast immer zu Streit. Zum Glück legen Hennen auch ohne Hahn Eier.

Bevor du jetzt aber spontan Hühner anschaffst, denk an die Verantwortung: Hühner brauchen tägliche Pflege, Futter, und ihr Stall muss sauber gehalten werden (Geruchsbelästigung vermeiden!). Außerdem gibt es in Deutschland eine Melde- und Impfpflicht für Geflügel, selbst für Hobbyhalter. Du musst deine Hühner vor Einzug beim Veterinäramt anmelden. Besitzt du nur drei oder vier Hühner, hält sich der Aufwand in Grenzen.

 

Plane pro Huhn etwa 10 m² Auslauffläche ein, dann fühlen sie sich wohl. Einen richtig fest installierten Stall musst du eventuell vom Bauamt genehmigen lassen, aber für einen kleinen mobilen Hühnerstall im Garten reicht meist die Info ans Ordnungsamt (im Zweifel nachfragen). Insgesamt gilt: Hühner halten im Wohngebiet ist machbar, wenn du Platz, Zeit und Rücksichtnahme mitbringst – dann winken dir frische Eier und nachhaltiger Dünger (Hühnermist eignet sich super für den Kompost).

Und wie sieht’s mit Honig aus eigener Herstellung aus? Prinzipiell ist das Imkern in der Stadt erlaubt und braucht keine Sondergenehmigung. Bienen zählen rechtlich nicht als Haustiere, sondern als Wildtiere, was bedeutet: Die
üblichen Mietvertragsklauseln zu Haustieren greifen hier nicht. Wenn du Mieter bist, solltest du trotzdem vorher mit dem Vermieter reden, weil ein
Bienenstock schon eine besondere Nutzung des Balkons/Gartens ist.

HOWTARK Imkern in der Stadt

Wichtig: Genau wie Hühner müssen auch Bienen offiziell angemeldet werden – in diesem Fall ebenfalls beim Veterinär- bzw. Lebensmittelüberwachungsamt, nach
der Bienenseuchen-Verordnung. Du bekommst eine Imker-Registriernummer
und musst melden, wo deine Völker stehen.


Mit einem Einsteigerkurs beim örtlichen Imkerverein und etwas Literatur kannst du lernen, Bienen erfolgreich zu halten. Die Stadt bietet Bienen sogar Vorteile – ein vielfältiges Blütenangebot vom Stadtpark bis zum Balkonblumenkasten und meist weniger Pestizide als auf dem Land.

Deine Nachbarn müssen Bienen übrigens dulden, solange niemand konkret gefährdet ist. Nur bei nachweislich starken Beeinträchtigungen – etwa ein Nachbar mit akuter
Bienengift-Allergie nebenan – kann es Ausnahmen geben. Trotzdem solltest du auf gute Nachbarschaft achten: Stelle die Fluglöcher der Bienenkästen so, dass die Bienen höher über Nachbargrundstücke hinwegfliegen (Hecken oder Sichtschutz in Flugrichtung helfen). Dann fühlen sich alle sicher. Und du kannst dich über eigenen Honig freuen, bestäubte Balkonpflanzen und das gute Gefühl, aktiv etwas gegen das Insektensterben zu tun.

Neben Hühnern und Bienen gibt es natürlich noch andere Tiere, die manche Selbstversorger halten – z.B. Wachteln (als kleinere, leisere Hühner-Alternative für Eier) oder sogar Kaninchen zur Fleischversorgung. In der Stadt stoßen solche Projekte aber schnell an Grenzen: Platzmangel, Geruchsprobleme und rechtliche Hürden (z.B. Entsorgung von Schlachtabfällen) machen es kompliziert. Mein Tipp: Fang klein an und schau, was wirklich zu dir und deinem Umfeld passt. Vielleicht reicht dir schon ein Gemüse- und Kräuterbalkon plus ein Bienenvolk für den Anfang. Damit hast du bereits viel geschafft!

Energieautarkie auf dem Balkon

HOWTARK Energieautark in der Stadt Balkonkraftwerk

Kommen wir zum anspruchsvollen Thema Energieautarkie in der Stadt. Total off-grid in einer Stadtwohnung zu leben – also ganz ohne Anschluss ans Stromnetz – ist in Deutschland nahezu ausgeschlossen. Doch du kannst durchaus eigenen Strom produzieren und so deine Abhängigkeit reduzieren.

Das Zauberwort für Mieter lautet hier Balkonkraftwerk: Das sind Mini-Photovoltaik-Anlagen, die du am Balkon oder auf der Terrasse anbringen und einfach in die Steckdose einstecken kannst. Sie speisen dann Solarstrom in deinen Wohnungsstrom-kreis ein, sodass dein Zähler langsamer läuft. Bis vor Kurzem brauchte man dafür oft das Okay des Vermieters, aber seit 2024 haben Mieter einen gesetzlichen Anspruch auf solche Steckersolargeräte (bis zu einer gewissen Größe). Dein Vermieter darf die Installation nur noch aus wichtigen Gründen verweigern, etwa wenn die Statik oder Sicherheit gefährdet wäre.

Wichtig ist, dass du ein zertifiziertes Balkonkraftwerk-Set benutzt und fachgerecht montierst (meist hängen die Module außen am Balkongeländer oder stehen auf einem Gestell). Die Leistung ist seit 2024 auf 800 Watt Einspeisung erhöht worden, davor waren nur 600 Watt erlaubt. Mit zwei Modulen à ca. 300–400 Wpeak kommst du auf diese 800 W Einspeiseleistung – genug, um übers Jahr vielleicht 10–20 % deines Strombedarfs zu decken.

 

Das klingt erstmal nach wenig, aber bedenke: Dein Kühlschrank, WLAN-Router und andere Dauerverbraucher können damit oft komplett durch Solarstrom abgedeckt werden. Alles, was du selbst erzeugst, musst du nicht vom Versorger beziehen, und die Sonne schickt bekanntlich keine Rechnung. Viele Städte oder Bundesländer fördern Balkonkraftwerke sogar mit Zuschüssen. Schau mal, ob es in deiner Region ein entsprechendes Programm gibt.

HOWTARK Autark leben in der Stadt Photovoltaikanlage auf dem Dach

Wenn du Eigentümer eines Hauses in der Stadt bist (oder ein Reihenhaus mit Dach besitzt), stehen dir natürlich noch mehr Möglichkeiten offen. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach kann einen Großteil deines Stroms liefern, vor allem im Sommer. Ergänzt mit einem Batteriespeicher lässt sich der Eigenverbrauch optimieren – allerdings kommt selbst eine große Hausbatterie im Winter an Grenzen. 

In Deutschland scheint die Sonne in den dunklen Monaten schlicht zu wenig, um komplett ohne Netzstrom auszukommen. Deshalb ist bei Strom oft ein Mix sinnvoll:
PV-Anlage plus Netzanschluss, also Teilautarkie. Überschüssigen Solarstrom kannst du ins öffentliche Netz einspeisen oder seit neuestem auch selbst zwischenspeichern. Es gibt sogar Balkonkraftwerke mit kleinen Akkus, die dir abends ein paar Stunden Strom liefern, wenn die Sonne weg ist. Neben PV gibt es in der Stadt kaum praktikable Alternativen – ein
Windrad auf dem Dach ist wegen Bauvorschriften und meist ungünstiger Windverhältnisse selten machbar, und eine Biogasanlage im Keller ist höchstens für sehr experimentierfreudige Tüftler eine Option.


Aber du kannst beispielsweise Wärmeenergie autark erzeugen, wenn du die Möglichkeit hast, einen Holz- oder Pelletsofen zu betreiben. In vielen Altbauwohnungen gibt es noch Kaminanschlüsse. Ein moderner Schwedenofen kann im Winter eine Wohnung beheizen oder zumindest die Heizung unterstützen. Beachte jedoch die städtischen Luftreinhalte-Verordnungen: Offene Kamine sind z.B. oft nur gelegentlich erlaubt, und alte Öfen müssen bestimmte Feinstaub-Grenzwerte einhalten. Kläre mit dem Schornsteinfeger, was erlaubt ist, bevor du einen Holzofen installierst. Und als Mieter
brauchst du sowieso die Genehmigung des Vermieters. 

Ein oft übersehener Aspekt:
Energie-Autarkie beginnt auch mit Energiesparen. Alles, was du nicht verbrauchst, musst du nicht einkaufen oder selbst produzieren. Du könntest z. B. alle Beleuchtungen auf LEDs umgestellen, schaltbare Steckerleisten nutzen, um Stand-by-Verluste zu vermeiden, und koche im Winter gerne mal mit dem Wonderbag (einem isolierten Kochsack, in dem Speisen ohne weitere Energiezufuhr garziehen – spart Gas und Strom). 

Wasser: sparen, sammeln, sinnvoll nutzen

HOWTARK Autarke Wasserversorgung

Wasserautarkie in der Stadt bedeutet vor allem: mit Trinkwasser bewusst und sparsam umgehen sowie Regenwasser nutzen, wo es möglich ist. Komplett vom städtischen Wassernetz abkoppeln wirst du in Deutschland kaum dürfen, denn vielerorts besteht Anschlusspflicht an die öffentliche Wasserversorgung (aus Hygienegründen).


Fokussiere dich stattdessen darauf, deinen Trinkwasserverbrauch zu reduzieren und Brauchwasser einzusparen. Kleine Gewohnheitsänderungen machen einen Unterschied: Zum Beispiel kannst du beim Einseifen unter der Dusche das Wasser abstellen, das kalte Wasser aus der Leitung in einer Kanne sammeln (bevor das warme kommt) und es zum Blumengießen nutzen. Auch das Wiederverwenden von Wasser im Haushalt kannst du etablieren: Kochst du z.B. Eier, lass das abgekühlte Kochwasser nicht einfach den Abfluss runter, sondern benutze es zum Gießen der Balkonpflanzen – es enthält sogar Kalk, der Pflanzen als Nährstoff dient.


Wenn du einen Balkon oder eine Dachterrasse hast, lohnt sich das Aufstellen einer Regentonne oder ein paar großer Eimer, um Regenwasser zu sammeln. Gerade für die Pflanzenbewässerung ist Regenwasser ideal (weich und kalkarm). Prüfe aber, woher das Wasser kommt: Regen, der über Kupfer- oder Zinkdachrinnen läuft, kann Schwermetalle enthalten – nicht optimal für Gemüse. Besser sind Kunststoff oder Edelstahl als Material. In deiner Wohnung könntest du ein paar 10-Liter-Kanister deponieren, die du bei Regen auf dem Balkon offen lässt. Damit kannst du dann tagelang deine Balkonpflanzen gießen.

Einfamilienhäusern sieht man häufiger
ausgefeilte 
Regenwassernutzungsanlagen, die Toilettenspülung und Waschmaschine mit Regenwasser speisen. Das geht auch in der Stadt, wenn es dein eigenes Haus ist und du investieren willst. Wichtig: Die Installation muss so erfolgen, dass Trinkwasser und Regenwasser strikt getrennt bleiben (farblich markierte separate Leitungen, Rückflusssicherungen). 

HOWTARK Autarke Wasserversorgung Regentonne

Die Trinkwasserverordnung §13 schreibt entsprechende Sicherungen vor, damit kein verunreinigtes Wasser ins öffentliche Netz zurück gelangt. Solche Anlagen kosten allerdings einige tausend Euro und lohnen meist nur, wenn Wasser sehr teuer ist oder aus ökologischer Überzeugung.

Abwasser-Autarkie ist in der Stadt praktisch nicht möglich – dein Abwasser muss ins städtische Kanalnetz. Dennoch gibt es ökologische Ansätze, die du verfolgen kannst: Zum Beispiel kannst du darauf achten, nur biologisch abbaubare Reinigungsmittel zu verwenden, damit die Kläranlage weniger zu tun hat.

Eine Komposttoilette hört sich für Hardcore-Selbstversorger verlockend an, aber in einer Stadtwohnung ist das rechtlich und praktisch schwierig. Einerseits ist deine Wohnung ans Abwassersystem angeschlossen und du darfst das nicht einfach umgehen; andererseits würde die Lagerung und der Kompostierungsprozess von Fäkalien in einem Mehrparteienhaus schnell Ärger mit sich bringen (Geruch, Hygiene!). Wenn du jedoch einen eigenen Garten hast, könntest du über eine Trockentoilette nachdenken – z.B. in der Laube des Schrebergartens, wo es manchmal keinen Wasseranschluss gibt. Solche Toiletten kommen ohne Wasser aus und produzieren kompostierbaren „Humanure“.

Abfall reduzieren und wiederverwerten

HOWTARK Abfallverwertung

Ein oft unterschätzter Teil des autarken Lebens ist der Umgang mit Abfällen. In der Natur gibt es kein „Wegwerfen“ – alles wird Teil des Kreislaufs. Dieses Prinzip kannst du auch in der Stadt ein Stück weit anwenden.


Fangen wir mit Bioabfall an: Anstatt Gemüseschalen und Kaffeesatz in die Tonne zu geben, kannst du überlegen, sie zu kompostieren und damit wertvollen Humus für deine Pflanzen zu gewinnen. Aber wohin mit dem Kompost in einer Wohnung? Die Lösung heißt Wurmkiste: Das ist ein geruchsdichter Kasten, in dem Kompostwürmer deine Küchenabfälle zersetzen. Tatsächlich gibt es Wurmkomposter, die so klein sind, dass sie in die Küche oder auf den Balkon passen. Richtig gepflegt, stinken sie nicht, sondern produzieren nährstoffreiche Komposterde und Flüssigdünger („Wurmtee“). So brauchst du fast keine Pflanzendünger mehr zu kaufen und reduzierst deinen Müll. Toll, nicht?


Alternativ kannst du Bioabfälle auch in einem Eimer fermentieren (Bokashi) und dann auf dem Balkon in Erde einarbeiten.

Neben Biomüll solltest du auch andere Wertstoffe im Blick behalten. Glasbehälter
von gekauften Lebensmitteln kannst du zum Beispiel weiter zum Einmachen oder Aufbewahren benutzen. Stoffreste werden zu Putzlappen umfunktioniert.

Hast du schon mal probiert, Putzmittel oder Kosmetik selbst herzustellen? Auch das gehört zum autarken Leben dazu, denn du bist dann nicht mehr auf Drogerieprodukte angewiesen. Ein paar Beispiele: Aus Rosskastanien lässt sich ein Waschmittel oder Shampoo gewinnen, weil sie Saponine (Seifenstoffe) enthalten. Im Herbst findest du Kastanien zuhauf in Parks – statt sie nur zu basteln, mach doch Seife daraus! Genauso kannst du Efeublätter als natürliches Waschmittel nutzen oder aus Zitrusschalen einen Allzweckreiniger ansetzen (mit Essig ziehen lassen). Deine Zahnpasta kannst du aus
Kokosöl, Natron und Pfefferminzöl selbst herstellen. 

Gemeinschaftlich autark: Tauschen und teilen

HOWTARK Autark leben in Gemeinschaft

Autarkes Leben in der Stadt muss kein Einzelkämpfer-Projekt sein. Im Gegenteil, gemeinsam geht vieles leichter. Such dir Gleichgesinnte – vielleicht gibt es in deinem Viertel Stammtische oder Facebook-Gruppen von Stadtgärtnern und Selbstversorgern. Dort kannst du Saatgut tauschen, Erfahrungen teilen oder überschüssige Ernten tauschen („Tausche Zucchini gegen Äpfel“ – macht Spaß und verbindet).

 

Auch Wissen kann geteilt werden. Besuche Workshops oder halte selbst mal einen kleinen Vortrag, wenn du in etwas Experte geworden bist (sei es Pilzesammeln oder Seifen sieden). In der Stadt gibt es oft Repair-Cafés, Urban-Farming-Workshops oder Kurse zur Vorratshaltung – das ist ideal, um Neues zu lernen und Leute kennenzulernen, die ähnlich denken. Selbstversorgung bedeutet ja nicht, dass man alles alleine machen muss – es heißt nur, dass man es selbst bestimmt. Und manchmal heißt das eben auch, Hilfe anzunehmen oder im Kollektiv zu wirtschaften. Eine kleine urban-autarke Community kann z.B. gemeinsam einen größeren Garten bewirtschaften oder eine Hühnerhaltung betreiben, wo einer füttert, der nächste ausmistet, und alle haben was davon.

Rechtliche Grenzen kennen

HOWTARK Autark leben in der Stadt Recht und Gesetz

Zum Schluss noch ein paar Hinweise zur rechtlichen Lage im Überblick:

 

  • Wasserversorgung: Du darfst dich in Deutschland nicht eigenmächtig vom Trinkwassernetz abkoppeln, wenn ein Anschluss besteht. Regenwasser zu nutzen ist okay (für Gartenbewässerung sowieso, für WC/Waschmaschine mit Auflagen), aber dein Haushalt muss ans städtische Netz angeschlossen bleiben. Ebenso muss Abwasser über Kanalisation entsorgt werden – eigene Lösungen wie Sickergruben sind im Wohngebiet nicht erlaubt.

  • Strom: Deine Wohnung braucht keinen Pflicht-Stromanschluss per se, aber praktisch wirst du angeschlossen sein. Eigene Stromerzeugung ist willkommen, aber melde Photovoltaik-Anlagen beim Netzbetreiber bzw. der Bundesnetzagentur an (für Balkonkraftwerke ist es mittlerweile sehr einfach, nur ein Online-Formular). Achte darauf, die 800-Watt-Grenze für steckerfertige Anlagen einzuhalten. Große PV-Anlagen auf dem Dach brauchen evtl. eine Baugenehmigung (je nach Bundesland, v.a. bei Denkmalgebäuden oder wenn ins Dach integriert). Informiere dich, bevor du installierst.

  • Tierhaltung: Hühner, Bienen & Co. anmelden! Für Hühner: Veterinäramt und Tierseuchenkasse informieren. Für Bienen: Veterinäramt informieren und Seuchenschutz beachten. In beiden Fällen drohen sonst Bußgelder. Prüfe Mietvertrag und WEG-Regeln: Obwohl Kleintiere erlaubt sind, könnten Klauseln oder Beschlüsse existieren, die z.B. Hühnerhaltung in der Eigentumsanlage untersagen – dann lieber vorher klären. Vermeide alles, was Nachbarn unzumutbar stört: Also keinen krähenden Hahn im Stadtgebiet, keine Bienenvölker direkt am Kindergartenzaun etc. Hier gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme.

  • Garten und Balkon: Für bauliche Veränderungen am Haus (z.B. Gewächshaus bauen, Solarpaneel anschrauben, Regenwassertank aufstellen) hol dir im Zweifel die Erlaubnis des Eigentümers oder eine Genehmigung, falls notwendig. Ein fest installiertes Gewächshaus könnte etwa genehmigungspflichtig sein, während mobile Pflanzkästen immer gehen. Auf dem Balkon darfst du in der Regel Pflanzen halten, was du willst – solange nichts herabfällt oder die Fassade beschädigt. Aber bedenke das Gewicht: Erde ist schwer, ein vollgepflanzter Balkonkasten bringt einige Kilo auf die Waage. Überlaste deinen Balkon nicht mit zu vielen gefüllten Regentonnen oder Erde, die Statik sollte man respektieren.

Schritt für Schritt in die Teilautarkie

HOWTARK Selbstversorger in der Stadt

Autark in der Stadt zu leben, ist ein zuweilen herausfordernder Spagat: Einerseits nutzt du die vorhandene Infrastruktur (Wasser, Strom, Entsorgung), andererseits versuchst du, dich Stück für Stück davon unabhängiger zu machen. Lass dich davon nicht abschrecken: Du musst nicht alles auf einmal umsetzen. Selbstversorgung ist ein Prozess, der auch mal Rückschläge mit sich bringt (z. B. eine misslungene Balkonernte). 

Fang am besten mit etwas 
Überschaubarem an, das dir Freude bereitet und das du leicht umsetzen kannst. Vielleicht mit einem Küchenkräuter-Regal oder einem Sprossenglas

auf der Fensterbank. Oder nimm an einer Urban-Gardening-Aktion teil, um ein Gefühl fürs Gärtnern zu bekommen. Jeder Erfolg, sei er noch so klein, gibt dir Motivation für den nächsten Schritt. Und vergiss bei allem Ehrgeiz nicht, das Leben zu genießen: Autarkie in der Stadt heißt nicht, auf Komfort zu verzichten, sondern neue Formen von Komfort zu finden – etwa diese kleinen Glücksmomente, wenn du in ein selbst angebautes Radieschen beißt oder stromausfallsicher eine Tasse Kaffee kochen kannst.

Ich hoffe, meine Tipps in diesem Artikel inspirieren dich, eigene Projekte anzupacken. Das urbane Leben bietet mehr Möglichkeiten für angehende Selbstversorger, als du vielleicht denkst. Mit etwas Kreativität und Geduld kannst du dir ein kleines Stück
Unabhängigkeit mitten in der Stadt schaffen.  

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